Pia Littmann
In seinem vielbeachteten Buch „Rettet die Wahrheit“ (2017) diskutiert Journalist und ZDF-Anchorman Claus Kleber Transparenz, Legitimität und Interaktion im Pressewesen. In der Kunst geht es eher selten um Wahrheit, etwas kann stimmen oder richtig sein und manchmal ist einfach eine Beschreibung, Deutung oder These attraktiver als eine andere. Aber das ist hier nicht der Punkt und in der Kunst muss auch niemand gerettet werden. Hintergrund für Klebers Buch, und an dieser Stelle nimmt die Sache auch mit Blick auf die Museen Fahrt auf, ist ja dieser:
Wir befinden uns in einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandlungsprozess. Immer mehr und immer besser ausgebildete Menschen haben Zugang zu immer mehr Informationen. Das ist eine sehr gute Entwicklung, die unter anderem auch dazu führt, dass Autoritäten in Frage gestellt werden. Diesen Zusammenhang kennen Rundfunk und Zeitungen nun ganz besonders – siehe Klebers oben genanntes Buch –, aber auch Museen, als Orte des Wissens und der Bildung, stehen vor der Herausforderung, ihre Legitimation zu behaupten.
Wenn auch ihre Kompetenzen, soweit ich sehe, nicht akut in Frage gestellt werden und niemand sie der „fake news“ bezichtigt – sie sind natürlich auch weniger omnipräsent und politisch wirksam –, sehen sie sich aufgefordert, ihre Relevanz zu unterstreichen. 2016 veröffentlichten das Institut für Museumsforschung und der Deutsche Museumsbund dazu z.B. die Denkschrift „Museen zwischen Qualität und Relevanz“.
Nehmen wir also an, dass sie herumgeistern, diese Fragen: „Museen, wer seid ihr, was bringt ihr – und wie kann ich mitmachen?“ Denn das ist natürlich auch ein großes Thema: Die Teilhabe, die Partizipation. Vielleicht wird sie nicht allenthalben lautstark eingefordert. Doch so oder so möchte man den Leuten entgegenkommen, den Anschluss nicht verpassen, mitmischen. In diesem Zusammenhang haben zwei Tätigkeitsfelder besondere Konjunktur und Wichtigkeit: Die Curators of Outreach – ich würde es ungefähr übersetzen mit „Kuratoren im Außendienst“ – und die Digital Officers.
Die Outreachers, die an vielen Museen zur Zeit gesucht werden, sollen mehr Leute ins Boot holen – vielfältige Besuchergruppen, aber auch berufsmäßig „verwandte“ Akteure wie Schulen, andere Kunst- und Kulturhäuser usw. –, Schnittmengen eruieren, Synergien nutzen und etwas Neues gemeinsam auf den Weg bringen ... Die „Digitals“ stehen vor der nicht minder herausforderungsvollen Aufgabe, umfassende Digitalisierungsstrategien zu initiieren. Betraut mit der Errichtung technischer Infrastrukturen oder Datenbanken, können sie dabei eher im IT-Bereich zuhause sein. Mehr im Sinne eines Social Media Managers sind sie aber auch in der Kommunikations- und Vermittlungsarbeit aktiv, schlagen digitale Kommunikationsschneisen, schaffen neue Zugriffspunkte oder stellen neue Netzwerke im World Wide Web her.
Ein aufschlussreiches Interview mit zwei Mitarbeitern aus diesen Bereichen ist kürzlich auf den Presseseiten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz erschienen. (https://www.preussischer-kulturbesitz.de/news-detail/news/2018/03/05/zauber-des-anfangs-mit-anna-seidel-und-jens-ludwig-von-der-digitalen-transformation.html). Ihr Job ist auch deshalb besonders interessant, weil man über Wirkungen, Effekte und Folgen digitaler Vermittlungsformen vieles noch gar nicht weiß oder absehen kann.
Inmitten dieser schier grenzenlosen Aktivitäten der Öffnung braucht es natürlich ein Gegengewicht: den Mitarbeiter im „Inbound“ sozusagen, die oder der bestens mit der Sammlung und/oder dem Stoff vertraut ist, der draußen immer weitere Kreise dreht, und tragfähige Infos dazu bereitstellt. Für diese Aufgabe kommt wiederum niemand besser in Frage als der gute alte Kurator, und zwar in seiner Rolle als Sachverständiger beispielsweise eines Themengebietes oder Sammlungsbereiches. Seine Aufgabe ist es, vorhandenes Wissen zu bewahren, zu erweitern und sinnstiftende Angebote daraus abzuleiten.
Eine so klare Trennung, wie hier skizziert, existiert natürlich nicht oder eher selten: Auch der Kurator hat heute seinen Blog und auch der Digital Officer kennt
die Sammlung und setzt signifikante Impulse – je kleiner das Haus, desto mehr Aufgaben entfallen ohnehin auf eine Person. Es sind spannende Zeiten.
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Jens - Uwe (Sonntag, 25 März 2018 17:34)
Sehr gut...! Für die Skizzen, ein Smiley.